Die Dienstpläne immer wieder anzupassen, die Touren zu überprüfen, wer wann wohin fährt und wen versorgt, all das nimmt viel Zeit in Anspruch und produziert damit nicht geringe Kosten. Lizzy Stellwag, stellvertretende Pflegedienstleitung, und Armin Heil, Geschäftsführender Pflegedienstleiter, müssen manchmal wahre Organisationskünstler sein, damit am Ende der Dienstplan allen Erfordernisse auch der Pflegebedürftigen gerecht wird. Foto: Caritas Augsburg/Bernhard Gattner.

Viele Dienstleistungen in der Pflege werden nicht bezahlt

Geschäftsführer der Sozialstation Tutzing und Diözesan-Caritasverband beklagen: "Die Vergütung ist viel zu niedrig"

Augsburg/Tutzing, 04.04.2019 (pca). Der Fachkräftemangel in der Pflege wird zunehmend spürbar für alle Beteiligten. Pflegeheime müssen Wohngruppen schließen. Ambulante Pflegedienste bzw. Sozialstationen müssen inzwischen vermehrt alten und kranken Menschen mitteilen, dass sie ihnen wegen Personalmangels im Alltag nicht beistehen können. Immer mehr Sozialstationen legen Wartelisten an.

Gesundheitsminister Jens Spahn hat vor diesem Hintergrund noch im Dezember 2018 vorgeschlagen, dass man die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte so verbessern müsse, dass diejenigen, die in Teilzeit arbeiten, dazu motiviert werden könnten, ein paar Stunden dranzuhängen.

„Arbeitsbedingungen verbessern sich aber nicht, wenn die Bezahlung so vieler Dienstleistungen in der Pflege nicht bezahlt werden“, kontert Armin Heil. Er kämpft als Geschäftsführender Pflegedienstleiter der „Ambulanten Krankenpflege Tutzing e. V.“ tagtäglich damit, dass die Kassenleistungen die tatsächlichen Aufwandskosten einer Sozialstation nicht decken. „Die Vergütung für die Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung ist viel zu niedrig. Wenn nicht jetzt schon viele Leistungen zusätzlich erbracht würden, dann würde das System der Ambulanten Krankenpflege schon jetzt nicht mehr funktionieren“, unterstreicht Heil.

Die Pflegeversicherung zahlt für eine Pflegefachkraft einen Stundensatz von 46,20 Euro für Leistungen der Grundpflege, für die hauswirtschaftliche Versorgung 24,96 Euro. Die Krankenkassen kommen für die tatsächlichen Aufwendungen in der Pflege z.B. für einen Wundverband oder Medikamente auf. „Das ist viel zu wenig“, sagt Heil. Andere Geschäftsführer stimmen ihm zu 100 Prozent zu. „Es gibt nicht den Einheitsmenschen. Jede einzelne Person muss ganz unterschiedlich gepflegt werden.“

8,92 Euro zahlen die Krankenkassen für einen Verband. Das erscheint auf den ersten Blick ausreichend. „Das ist es aber nicht“, betont Heil. „Der alte Verband muss abgenommen werden. Die Wundstelle kann nicht im Hoppla-Hopp-Verfahren versorgt werden. Sorgfalt und Genauigkeit sind gefordert.“ Auch Bianca Lange, Fachreferentin für ambulante Pflege beim Caritasverband für die Diözese Augsburg e. V., beklagt die Unterfinanzierung der Pflege. 3,92 Euro zahlen die Krankenkassen für die Verabreichung einer Spritze. Hinter dieser amtsdeutschen Formulierung verbergen sich mehrere Schritte, die von der Pflegekraft Wissen, Genauigkeit, Sorgfalt und sehr viel Sensibilität verlangen. Lange listet diese Schritte auf: Die Bereitstellung und Überprüfung des medizinischen Materials: Desinfektionsmittel, Wundtupfer, Pflaster, das Medikament für die Spritze, die Spritze selbst, die Mengendosierung des Medikaments, Wattetupfer für die Desinfektion der Haut des Patienten. „Jeder einzelne Schritt erfordert Genauigkeit und Sorgfalt, aber auch Zeit, auch nach der Verabreichung der Spritze“, unterstreicht Lange. „In keinem anderen Beruf würde eine derart hochsensible Leistung so gering vergütet werden.“

Heil kommen die Vergütungssätze der Pflegeversicherung und der Krankenkassen vor als „gut gemeinte Berechnungen aus einer anderen Zeit“. Er verweist dazu nur auf die wachsende Zahl der an Demenz erkrankten Menschen. Deren Pflege erfordere viel mehr Zeit, Geduld und Sensibilität. Die Pflegekräfte müssen hierfür eigens ausgebildet werden. So gibt es beispielsweise eine dafür speziell konzipierte Weiterbildung mit insgesamt 600 Unterrichtseinheiten und 40 Hospitationsstunden. Die Kosten sind enorm. Auch die Angehörigen erlebt er immer wieder als völlig überfordert. „Hier sind wir genauso als Sozialstation gefordert“, unterstreicht Heil, der die Angehörigen nicht allein lassen möchte. Es gelte Gespräche mit den Angehörigen zu führen. Was kann wie geregelt werden? Was müssen die Angehörigen regeln? Welche Wünsche haben sie? Welche Sorgen und Ängste haben sie? Welche Versorgung rund um den Patienten muss sichergestellt werden? Welche Medikamente braucht er? Welche ärztliche Versorgung muss gewährleistet sein? Hinzu kommen die Anträge bei der Versicherung oder den Kassen. „Das ist nötig, das tun wir auch gerne“, sagt Heil, „aber es wird mit keinem Cent vergütet.“

Die vielen Fragen, die sich Heil in den Gesprächen stellen, sind nicht allein mit Erklärungen beantwortet. Die Überleitung in die Versorgung durch die Sozialstation muss organisiert und – wenn der Patient zuvor im Krankenhaus war – mit dem Sozialdienst abgestimmt werden. Das Netzwerk mit dem Hausarzt zur Abstimmung der medizinischen Versorgungen, die Besorgung der Medikamente wie auch die hauswirtschaftliche Hilfe müssen aufgebaut werden. Besuche des Patienten sind erforderlich, um die häusliche Situation beurteilen zu können. Gibt es z.B. Stolperfallen? „Und dann muss man dem nachgehen und nachprüfen, ob wirklich alles klappt und bestens abläuft“, ergänzt der Tutzinger. „Wir tun das gerne, aber all dies bringt uns in die Miesen“, so Heil. Diese Situation mache ihn traurig.

Viele Stunden investieren Sozialstationen für diese Vorleistungen bevor die eigentliche Arbeit in der ambulanten Pflege beginnt. „Doch keine dieser Stunden ist refinanziert“, sagt die Pflegespezialistin Lange vom Augsburger Diözesan-Caritasverband. „Politik, der Gesetzgeber, die Pflegeversicherung und die Krankenkassen fordern viel, aber keiner ist bereit dafür zu zahlen“, kritisiert sie.

Es sind aber nicht nur die Aufwände, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Pflegeleistungen stehen, die nur schlecht bis gar nicht refinanziert sind, die Heil als geschäftsführende Pflegedienstleitung umtreiben. Das Versorgungsmanagement, die unterschiedliche Handhabung der ärztlichen Verordnungen bei den verschiedenen Kassen, die Ablehnungen, weil die Verordnungen nicht anerkannt werden, die dadurch bedingten erneuten Anträge und Verzögerungen, der enorm hohe bürokratische Aufwand bei den Abrechnungen mit der Pflegeversicherung und den Krankenkassen, „all das frisst Geld, das wir de facto nicht haben“.

Der Frust sitzt tief, nicht nur bei Heil, sondern auch bei seinen MitarbeiterInnen. Sie sitzen gerade am Computer. Sie erstellen den Dienstplan, stimmen daraufhin die Touren der Pflegekräfte ab. Das ist nichts, was automatisch gesteuert werden kann. Stunden verstreichen dabei. Stunden, die nicht bezahlt werden.

46,20 Euro beträgt der Stundensatz für eine Pflegefachkraft. 24,96 Euro für die hauswirtschaftliche Versorgung, Damit muss Heil nicht nur die Personalkosten bezahlen können. Hinzu kommen die Kosten für die nötigen Weiterbildungen, die Dienstkleidung, für das Briefporto und für Hygieneartikel, für den Fuhrpark und das Benzin sowie die unzähligen Telefonate, die Beiträge zu Berufsverbänden, die Versicherungsleistungen, den Betriebsarzt, den Arbeitssicherheitsbeauftragten, die Hygienefachkraft, für den Datenschutz wie auch für die Rechnungs- und Abschlussprüfung. Heils Schlussfolgerung lautet deshalb: „Wir müssen endlich anfangen, alle Ist-Kosten auf den Tisch zu legen. Und Politik, Pflegeversicherung und die Kassen müssen diese Ist-Kosten finanzieren.“

Die beiden Pflegehelferinnen Brigitte Kahner und Petra Horn lieben ihre Arbeit. Sie würden nichts anderes machen wollen. Aber gerade weil sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Arbeit wertvolle Pflegedienstleistungen erbringen, sollte das gesamte Pflegedienstleistungspaket einer Sozialstation voll umfänglich besser finanziert werden. Foto: Caritas Augsburg/Bernhard Gattner.



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